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Rena Fischer – Chosen / Die Bestimmte

August 11, 2017

Seltsamerweise ist “Chosen – Die Bestimmte” eines der wenigen Bücher, wenn nicht sogar das Erste und einzige, bei dem ich mir vor dem Kaufen, sowie auch dem Lesen, den Klappentext nicht durchgelesen habe. Aus unerklärlichen Gründen war das für mich nicht wichtig. Ich wusste einfach irgendwie, dass das Buch bzw. die Geschichte mir gefallen wird.
Mein Bauchgefühl hat mich in dieser Hinsicht auch nicht getäuscht und mich direkt zu einem Jahresfavoriten geführt.

Man könnte sagen, dass das zwischen dem Buch und mir Liebe auf den ersten Blick ist.

 


Rena Fischer Chosen - Die Bestimmte Buchcover

 


Titel:
Chosen – Die Bestimmte
Autor/in: Rena Fischer
Position: Erster Teil einer Dilogie
Seitenzahl: 464
Verlag: Planet!
Erschienen am: 17.01.2017
Preis: gebundene Ausgabe 16,99€
ISBN: 978-3-522-50510-9


 

Klappentext BuchEin Eliteinternat für Hochbegabte – nicht gerade Emmas Traum! Doch dieses Internat ist nicht das, was es zu sein scheint.

Alle Schüler haben paranormale Fähigkeiten: Der charismatische Aidan kann Feuer und Wasser tanzen lassen, und Emma findet heraus, dass sie die Gefühle anderer Menschen erspüren kann – sie ist eine Emotionentaucherin. Gerade als sich Emma und Aidan annähern, taucht plötzlich Jared auf, ein ehemaliger Internatsschüler, und weiht sie in ein düsteres Geheimnis des Internats ein.
Emma weiß nicht mehr, wem sie trauen kann. Auf einmal bricht eine Rebellion los, und für Emma geht es dabei nicht nur um die große Liebe, sondern um Leben und Tod!

© Planet!

 

Meine Beurteilung (buch)Die Grundidee, der Chosen Dilogie basiert auf Menschen mit ganz besonderen Gaben. Diese Fähigkeiten fallen von ihren – nennen wir es mal – Feinheiten, in denen sie spezialisiert sind, sehr unterschiedlich aus. So kann ein Charakter z.B. Telekinese sein und nur ein bestimmtes Gebiet, wie beispielsweise die Elemente, kontrollieren. Alles andere dagegen kann die Person, mit der Telekinese bezogen auf Elemente (oder auch nur ein Element) mit ihrer/seiner Telekinese nicht beeinflussen.
Neben der Fähigkeit an sich kann auch die Häufigkeit einer jeweiligen Gabe, also wie viele Menschen dieselbe haben, sehr unterschiedlich ausfallen. Natürlich gibt es auch einige die sehr selten auftreten, wie z.B. dem Hellsehen (im Buch Mantik genannt). Etwas das alle Fähigkeiten gemeinsam haben ist, dass diese ausschließlich durch die Gedankenkraft der jeweiligen Person gesteuert werden.

Mein allererster Gedanke, als ich angefangen habe von den ersten Gaben zu lesen und diese auch quasi zum Einsatz kamen, war das es sich leicht nach X-Men anhört. Je mehr man von der Geschichte liest, desto mehr Parallelen kann man entdecken. Es sind nicht nur die Gemeinsamkeiten, welche einem auffallen, sondern auch die Unterschiede. Besonders das Internat Zensus Corvi, an der fast alle Jugendlichen mit besonderen Gaben unterrichtet werden, lässt einen an Xaviers Institut für besondere Jugendliche denken.
Neben den besonderen Kids gehen auch völlig normale Jugendliche an dieses Eliteinternat. Das klingt in erster Linie nach einem völlig normalen und gemischten Internat aber der Eindruck täuscht, da die Schüler getrennt werden in besonders und normal.

Aber nicht nur das!

Schafft man es durch die Aufnahmetests, so muss man sich von seinem bisherigen Leben trennen, um endgültig zu den Raben – so nennen sich die Schüler und die Lehrkräfte mit den besonderen Fähigkeiten – dazuzugehören. Man trennt den Jugendlichen also nicht nur von den Normalen, sondern isoliert sie auch von ihren bisherigen sozialen Kontakten. Diese sind im Prinzip ja auch “nur” normale Menschen ohne besondere Gaben und scheinbar nicht so wertvoll wie die Rabenfamilie, welche die neue Familie und Mittelpunkt der sozialen Kontakte sein soll.

Von dieser Vorgehensweise, der strikten Trennung und den fast schon extrem strengen Regeln für die Internatsschüler, war ich im ersten Augenblick alles andere als begeistert. Aber auch im Nachhinein finde ich diese Trennung und Isolierung nicht so prickelnd, da es mich nämlich sehr stark an eine Sekte erinnert.
Witzigerweise ist Liz, die beste Freundin von Emma, genau derselben Meinung, als sie zum ersten Mal von Sensus Corvi hört. Das lässt sie Emma auch direkt wissen, woraufhin ich sofort laut loslachen musste. Außerdem hat sich Liz so auf Anhieb in mein Herz geschlichen. Dank ihrer witzigen und unbefangenen Art mochte ich Liz schon von Anfang an und konnte es daher sehr gut nachvollziehen, weshalb die beiden miteinander befreundet sind.

Trotz meiner starken Ablehnung gegenüber dieser Ähnlichkeit zu einer Sekte kann ich den Grund für diese strikte Trennung auch ein Stück weit verstehen. Immerhin sollen sich die Schüler auf ihre Gaben konzentrieren und diese bestmöglich ausbilden. Hinzu kommt, dass man als Schüler sich während der Internatszeit so oder so in dieser Blase befindet, welche fast hauptsächlich nur aus den Internatsschülern besteht.

 

Rena Fischer Chosen - Die Bestimmte Buchcover

Gleich zu Beginn von “Chosen – Die Bestimmte” wird man zu Emma mitten in die Geschichte geworfen und erlebt diese aus ihrer Sicht. Die ersten Szenen waren für mich etwas verwirrend, da ich zum einen nicht genau wusste, von was das Buch handelt und zum anderen hat man die Charaktere gleich in Aktion erlebt, ohne dass die Gaben oder das Drumherum vorgestellt wurden.

So war nicht nur Emma von ihrer Gabe und das Geschehen rund um den Unfall ihrer Mutter überrascht, sondern auch ich als Leser. Aber keine Angst, dieses Gefühl der Ahnungslosigkeit lässt genau so schnell nach wie es gekommen ist. Naja, besser gesagt man meint zumindest nach und nach mehr zu wissen. Rena Fischer gelingt es allerdings echt gut den Leser mit Informationen zu versorgen nur, um dann zu einem späteren Zeitpunkt dieses angeeignete Wissen zu hinterfragen.
Mit anderen Worten: Kaum ist da ein Licht, im Dunkeln, schon wird man noch tiefer in die Dunkelheit geschoben und das Licht wird immer schwächer.

Normalerweise frustriert mich das Gefühl immer wieder an den Anfang zurückgeworfen zu werden, bzw. doch im Dunkeln zu tappen, obwohl man der Meinung war, endlich etwas Licht zu haben, aber bei Chosen war das seltsamerweise nicht der Fall. Je mehr ich begonnen habe die Dinge zu hinterfragen und je öfter sich die Fakten von einer anderen Seite gezeigt haben desto größer ist meine Neugier und die Spannung geworden.

Das Tempo, mit dem Rena die Geschichte rund um Emma und Sensus Corvi erzählt ist ziemlich schnell, befindet sich aber noch in einem angenehmen Rahmen. Für meinen Geschmack war die Geschwindigkeit perfekt mit meiner Neugier abgestimmt. Vor lauter Spannung konnte und wollte ich mich auch nicht von dem Buch lösen, was den “huch, das Buch ist plötzlich zu Ende” Effekt verstärkt hat. Die Geschichte hätte wahrscheinlich über tausend Seiten haben können und am Ende hätte ich mich über das “plötzliche” Ende gewundert, so gebannt war ich.

Etwas das mir ebenfalls sehr gut gefallen hat, ist die Art und Weise wie Rena einem die Chosen-Welt mit bestimmten Beschreibungen in den Kopf bringt. Um ein bestimmtes Bild von Orten, Gegenständen oder Personen zu erzeugen, verwendet sie gezielte Beschreibungen. Diese benötigen zwar einige Sätze aber nie mehrere Seiten. Hinzu kommt ein unkomplizierter und umgangssprachlicher Schreibstil, der perfekt in die Geschichte und zu den Charakteren passt. So konnte ich mich sehr schnell in die vorgestellten Jugendlichen, wie z.B. Emma, Aidan, Liz, Lynn und einigen anderen, hineinversetzen. Bei manchen konnte ich sogar einen persönlichen Bezug aufbauen, sodass diese nie so wirklich fremd gewirkt haben.

 

“Wir müssen hier weg, Rina”, flüstert er und ich schaue auf.
Der Blick, mit dem er mich ansieht, ist kühl wie immer.
Sein Gesicht starr.
Aber um ihn herum wirbeln alle Farben des Spektrums wie schillernde Seifenblasen.
Nur ganz kur, dann verblasst die Aura.
Er hat wieder Kontrolle über seine Gefühle erlangt und versucht,
sie vor mir zu verbergen.Diese Aura ist selten.
Und gerade von ihm habe ich sie nicht erwartet: leidenschaftliche Liebe.
Seite 60

Um mehr von den Hintergründen zu erfahren, kommt man hin und wieder in den Genuss einige Momente der Vergangenheit aus der Sicht von Rina, Emmas Mutter, zu erleben. Diese Ausschnitte erscheinen einem im ersten Moment als wahllos gewählt, doch diese versorgen einem im passenden Moment mit den richtigen Hintergrundinformationen.
Was mir daran ebenfalls gefällt ist, dass man einen sehr guten Eindruck von Emmas Mutter und ihrem Vater bekommt. Gerade bei der Mutter ist das die einzige Möglichkeit sie zu erleben bzw. sich selbst eine Meinung über sie bilden zu können.

Obwohl ich beim ersten Sprung in Rinas Vergangenheit nicht auf Anhieb verstanden habe, dass es sich jetzt um die Vergangenheit und nicht die Gegenwart handelt, gefällt es mir. Man hätte das eventuell ein bisschen besser hervorheben können, da der ausgegraute Texte für mich zuerst wie ein Druckfehler ausgesehen hat.

 

Rena Fischer Chosen - Die Bestimmte Buchcover

Der Debütroman von Rena Fischer ist einer der wenigen, von mir gelesenen, Fantasy Bücher, die in Europa spielen. Deutschland und Irland, um genau zu sein.
Leider bekommt man von der Umgebung recht wenig mit, da irgendwann das Internat ins Zentrum rückt und die Charaktere bis auf wenige Ausnahme diesen Ort verlassen. Zum Glück passieren dank Emma einige spannende Momente, welche einen davon ablenken, dass man nicht so viele Handlungsorte sieht.

Apropos Emma.

Ich kann mich kaum erinnern, wann mich ein Charakter – so jetzt im Allgemeinen – zum letzten Mal dermaßen beeindruckt hat wie sie und ihre Gabe, denn Emma ist eine Emotionentaucherin. Das bedeutet, dass sie in den Kopf eines anderen eindringen und in dessen Emotionen tauchen bzw. sie sehen kann. Zusätzlich kann sie mit Hilfe ihrer eigenen Emotionen telekinetische Kräfte entfesseln, und damit Gegenstände oder Personen bewegen.

Das Mitleid ist bei mir jedoch genau so schnell verpufft, wie es gekommen ist, da sie einem unbewusst zeigt, wie stark sie in bestimmten Momenten sein kann. Dazu kommt, dass Emma mehr ist als jemand mit einer außergewöhnlichen Gabe. Selbst unter den “Besonderen” ist sie außergewöhnlich.
Emz, wie sie von ihren Freunden genannt wird, ist ein perfektes Beispiel für einen Charakter, welcher über sich hinauswachsen kann, obwohl sie sich das Selbst nicht wirklich zutraut. An ihr sieht man sehr schön, was man alles durch einen starken Willen erreichen kann. Es ist zwar ein gern verwendetes Klischee aber durch die süße Nachricht dahinter man es mir wenig aus.

Als man zum ersten Mal so richtig von ihrem Emtionentauchen erfährt und was für ein Potenzial in der Gabe steckt, war ich schwer beeindruckt von dieser besonderen Gabe. Ich stelle mir das total spannend vor Sehen zu können, was der andere vor einem empfindet, vor allem wenn man das nicht direkt im Gesicht ablesen kann.
Mit ihrer außergewöhnlichen Gabe hat mich Emma direkt an Professor Xavier aus X-Men erinnert. Obwohl die Fähigkeiten der beiden doch recht unterschiedlich sind, wenn man diese miteinander vergleicht, erscheint mir fast jedes Mal ein Bild von Professor Xavier bzw. James McAvoy in der Rolle vom Professor, im Kopf.

 

Fazit (Buch)Rena Fischer hinterlässt bei mir mit ihrem Debütroman, Chosen – Die Bestimmte, einen sehr positiven ersten Eindruck. Ihre Idee von Menschen mit besonderen Gaben, ist trotz der Ähnlichkeit zu X-Men, hat von Anfang an mein Interesse geweckt.

Ihre Idee von Menschen mit besonderen Gaben, einer sehr gelungenen Darstellung der einzelnen Charaktere, einem ziemlich flotten und bildhaften Schreibstil, dem richtigen Maß an Klischees und einem atemberaubenden Setting haben dazu beigetragen, dass endlich ein erfrischender Wind durch meine Jugend- und Fantasybücher gegangen ist.

Insbesondere gefällt mir die Kombination von der Geschichte / Thema mit dem Setting, welches Mal nicht eine erfundene Welt oder irgendein Ort am anderen Ende ist. Schon allein, dass die Geschichte am Anfang in Deutschland spielt und immer wieder einen Bezug dazu herstellt, hat dazu geführt, dass Chosen unbewusst bei mir Sympathiepunkte gesammelt hat. Aber auch die Beschreibungen von Irland lässt die Lust bei mir wachsen selbst dort hin zu fahren und das Land zu erkunden – wer weiß, was alles 1:1 übernommen wurde.

Ich hatte während dem Lesen einen Riesen Spaß dabei mit Emma zusammen mehr über ihre Gabe – und natürlich auch die der anderen – herauszufinden. Dank meiner Neugier und der Spannung, welche sorgfältig gefüttert wurde, hing ich an den einzelnen Seiten und wollte mehr als einmal das Lesen nicht freiwillig unterbrechen. Die Geschichte wurde dann auch noch so geschickt beendet, dass man liebsten gleich zum nächsten Teil greifen möchte. Wer bei einem (kleinen) Cliffhanger nicht warten kann oder will, sollte den Folgeband parat haben.

Da mich der erste Teil der Chosen Dilogie so für sich begeistern konnte reiht er sich zu den Jahreshighlights 2017 ein und erhält von mir 5 von 5 Drachen.

 

Bewertung Drachen 5 von 5

 

 

 

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Anmerkung
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➞  Bildquelle der Coverbilder ist die Seite vom Thienemann-Esslinger Verlag

 

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